Deus Ex: Human Revolution - Test für PlayStation 3 (Standard-Edition)

Gleich vorweg, ich bin an DEUS EX: HUMAN REVOLUTION, kurz DX:HR, völlig erwartungslos und unvoreingenommen heran gegangen und kenne die beiden Vorgänger leider nicht. Das erste Deus Ex gilt ja als Meilenstein und wurde mit Auszeichnungen überhäuft. In diesem Test befasse ich mich mit dem dritten Ableger der Reihe, der hiermit in ziemlich große Fußstapfen tritt. In folgendem Test klären wir, ob Teil 3 dem Hype (durch diverse geniale Trailer) gerecht wird und die Erwartungen erfüllen kann und ob’s überhaupt Spaß macht. Getestet wurde von mir die PlayStation 3-Standard Version, die freundlicherweise von Square Enix Deutschland zur Verfügung gestellt wurde.

Einführung

Wie üblich gibt es zu Beginn des Spiels einiges an Wissen für das Spielergehirn aufzunehmen und zu verarbeiten. Der Hauptcharakter Adam Jensen ist der Sicherheitschef von Sarif Industries (zu Beginn noch ohne Optimierungen und Roboterarme), die im Jahre 2027 mit Hilfe von diversen Augmentierungen der Menschheit helfen wollen, ihre physischen Grenzen zu überwinden. Seine Exfreundin, Dr. Megan Reed, die ebenfalls bei Sarif Industries tätig ist, steht vor einer bahnbrechenden Entdeckung und ist nervlich reichlich angespannt. Die beiden machen sich gemeinsam auf den Weg zu ihrem Boss, David Sarif. Während man sich mit seiner Exflamme auf den Weg zum Penthouse des Chef‘s macht, taucht der Spieler sogleich in die komplexe Welt von DX:HR ein und man wird sprichwörtlich Augenzeuge der Forschungen von Sarif Industries. Dann geht alles ganz schnell, bei dem Plausch mit Boss Sarif wird der Alarm ausgelöst und als Sicherheitschef der Firma muss man dem natürlich auf den Grund gehen. Als man schließlich im Labor angekommen ist, wird eingebrochen. Dr. Reed und einige weitere Forscher werden für tot erklärt, Adam überlebt den Angriff nur knapp.

Dann folgt was folgen muss. Adam wird dank Sarif zum "Opti" und bekommt Roboterarme - sogenannte Augmentierungen. Adam kehr, ein halbes Jahr später, aus dem Krankenstand zurück und natürlich wollen sein Boss Sarif und er der Sache auf den Grund gehen und hier beginnt das eigentliche Abenteuer. Zahlreiche Verschwörungen warten darauf, aufgedeckt zu werden, doch die Welt von DX:HR erschließt sich nur denen in seiner vollen Pracht, die mit weit aufgerissenen Augen und Ohren durch die Level schreiten. Bei der Einführung ins Spiel wird der Spieler freundlicherweise von zahlreichen Video-Tutorials unterstützt. Damit fällt die Konsolen-Steuerung nach einer gewissen Eingewöhnung auch nicht sonderlich schwer.

Optik

Wenn man die Steuerung einmal verinnerlicht hat, kann man sich daran machen die umfangreiche Welt von DX:HR zu erkunden. Dabei fällt einem von Beginn an der eigenwillige Grafikstil ins Auge. Mir persönlich gefiel dieser Grafikmix aus Gold/Gelb/Schwarz. Keine Sorge, es ist bei weitem nicht jeder Abschnitt so eingefärbt worden, dieser Stil ist wie ein roter Faden, der einen durch das gesamte Spiel begleitet, die Balance passt also. Die Grafik an sich ist aber nicht mehr ganz aktuell, da merkt man dem Spiel leider an, dass es lange in Entwicklung war. Die Charaktere der Hautpmissionen sind allesamt sehr nett gestaltet worden und passen sehr gut zur Story und in die verrückte Cyberpunk-Welt, doch es gibt auch einige Personen (Nebenmissionen), bei denen die Detail-Abteilung wohl übersprungen wurde, sei es nun die Mimik und Gestik oder die Grafikdetails der Gesichter und Haare. Die einzelnen Gebiete überzeugen aber wieder. Neben Detroid, in der die Sarif Industries-Hauptzentrale ist, bereist man das riesige Hengsha, Shanghai, Montreal und das "Ende der Welt", tja beinahe. Ein wenig schade fand ich die Tatsache, dass sich Detroid und Hengsha in den vielen Stunden, in denen man dort Zeit zubringt, überhaupt nicht verändert. Bewegte Wolken, Wetter, Tag und Nacht finden nicht statt, alles sieht immer gleich aus und das ist ein wenig unrealistisch in so einem Spiel.

Erwähnenswert sind auch die vielen optisch aufpolierten Filmsequenzen, die die spannende Story vorantreiben. Bemängeln muss ich hier aber, dass es manchmal den Anschein macht, als wären die Videos einen Tick zu sehr komprimiert worden. Im Zeitalter von HD ein unnötiger Patzer aber man muss schon genau hinsehen, um diesen "Makel" zu bemerken. Insgesamt überzeugt die optische Vorstellung von DX:HR mit einigen Schwächen.

Gameplay

DIE Stärke von Deus Ex 3 ist ganz klar das Gameplay. Es gibt eine Menge zu tun und das ist auch gut so. Bei den Missionen selbst unterscheidet man Haupt- und Nebenmissionen, wobei man Letztere oft suchen muss, um diese freischalten. Das gute an den Nebenaufgaben ist, wenn man diese erfolgreich besteht, erhält man meist noch mehr Infos über das Deus Ex-Universum. Außerdem gibt es zahlreiche E-Mails zu lesen und E-Books zu finden, die weitere nützliche Infos enthalten. Und wer gerne mit anderen Leuten spricht, in DX:HR gibt es zahlreiche Passanten die vielleicht aber vielleicht auch nicht nützliche Infos bereithalten oder dich in Teufels Küche bringen können.

Bei jeder Mission muss man sich mit der Frage auseinandersetzen, "ballern" oder "schleichen". Letzteres ist meist schwieriger umzusetzen, da man Wege und Gegner erst ausspionieren muss, dafür wird man mit deutlich mehr Erfahrungspunkten belohnt, wenn man den "Geist-Modus" bevorzugt. Meiner Meinung nach ist DX:HR aber sehr viel mehr ein Schleich- als ein Ballertitel. Erfahrungspunkte gibt’s auch für das lesen von einzigartigen E-Books, für das Hacken diverser Computer, Safes und Sicherheitssysteme, wenn man vermeidet Alarm auszulösen, für Überzeugungsarbeit in bestimmten Dialogen usw. Wer die "ich durchlöchere alles mit Blei-Methode" wählt, wird es etwas schwieriger haben an die heiß begehrten Augmentierungen (Aug’s) zu gelangen, mit denen man die Fähigkeiten von Adam verbessern kann.

Aug’s kann man sich neben Energiefutter aber auch kaufen, wenn man genügend Credits (Geld) zur Verfügung hat, welches man sich auf die verschiedensten Arten besorgen oder verdienen kann. Jede LIMB-Klinik bietet sogenannte Praxis-Kits an, leider aber nur maximal 2 pro Schauplatzbesuch. Wer die Augen offen hält und zur Gattung Jäger und Sammler gehört, wird auch über das eine oder andere Praxis-Kit stolpern. Eines sei aber erwähnt, die Aug’s sollte man gut überlegt auswählen und aufleveln, einige davon sind sehr nützlich wie das Hacken bis Stufe 5, die Taifun-Aug (Granatenwurf im 360°-Radius), der Sozialoptimierer für die vielen Gespräche, mehr Kraft für das Heben von schweren Objekten oder die Unsichtbarkeits-Aug. Einige Augmentierungen sind aber wiederum weniger sinnvoll. Was welcher Spieler braucht oder von Nutzen ist, kommt ganz darauf an wie ihr spielt. Das System mit den Augmentierungen ist sehr kreativ und nützlich umgesetzt worden. Wer hätte gedacht, das plumpes Wände einreißen so stylisch sein kann, hehe?

Im Gegensatz dazu ist die Gegner KI nicht so hervorragend ausgefallen. Zwar fordern einen die menschlichen Blechdosen und Wachmänner recht gut, manchmal passieren aber seltsame Dinge und es kommt bestimmt mehr als einmal vor, das einen die Gegner übersehen werden. Gekrönt wird deren dummes Verhalten mit plötzlichen Toden, die bei einigen Missionen so manche/s Trophäe/Achievement versauen können. Deshalb immer kontrollieren, ob die Gegner ein ZZZ- oder Totenkopfsymbol haben. Die Entwickler selbst haben zum Release sogar beteuert, dass man sich bei der Gegner-KI mehr Intelligenz gewünscht hätte. Naja beim nächste Teil vielleicht. Diese herumtrampelten, vierbeinigen Würfelroboter sind wiederum sehr gut gelungen. Mit der Taifun-Aug oder einer Granate sind sie schnell zu einem "Schrotthaufen" verarbeitet, der Weg dahin erfordert aber etwas Taktik und das ist auch gut so. Außerdem erwarten einen noch automatische Schussanlagen und fahrende Blechdosen-Söldner. Bei manchen Missionen gibt es auch die eine oder andere scharfe Granate zu entschärfen, indem man sich dem Teil in Faultiergeschwindigkeit nähert. Und weil das alles noch zu wenig ist, wird man von zahlreichen Kameras erfasst, wenn man in ihren Bewegungsstrahl läuft, einige Gebiete werden auch durch Laserschranken versperrt aber kein Hindernis ist in DX:HR unpassierbar. Bleiben noch die Boss-Kämpfe. Sie sind die einzige Ausnahme im Spiel bei denen man töten MUSS. Alle anderen Gegner im Spiel können getötet, betäubt oder schlafen gelegt werden, die Wahl hat der Spieler (falls die Engine nicht rumzickt). Die Boss-Kämpfe an sich sind nicht einmal im schwersten Modus eine wirkliche Herausforderung. Es liegt immer genügend Munition herum und mit z.B.: der Taifun-Aug und den richtigen Granaten ist jeder Boss schnell Geschichte. Eine Schwachstelle, wie man das aus anderen Spielen gewohnt ist, gibt es hier nicht. Der Endkampf ist ein wenig fordernder aber auch kein wirkliches Problem.

Interessant ist wiederum die Tatsache, dass diverse Handlungen spätere Ereignisse wie zum Beispiel einen Bosskampf beeinflussen können. Bei jeder Handlung und jedem Gespräch in DX:HR will gut überlegt sein, was man als nächstes tut oder sagt denn vieles (nicht alles) hat Konsequenzen. Das ist auch der Clou an dem Ganzen, dass man bei jedem Durchgang ein völlig anderes DX:HR spielen kann, die Entscheidung liegt an der Person, die am Controller sitzt.

Ein kurzer Abstecher noch zum Menü, zum HUD und zum Speichersystem. Das Menü ist großteils sehr einfach gehalten, verständlich und gut gelungen. Einzig die "spartanische" Karte macht einem vor allem zu Beginn etwas Probleme. Die im Tutorial versprochenen Händlermarkierungen sind auf der Karte nicht vorhanden, nicht Mal wenn man diese bereits einmal besucht hat - versprochen ist versprochen und wird … doch gebrochen. Die feine Art ist das nicht aber verschmerzbar ist es doch, da man sich die Händler und deren Position auf der Karte spätestens beim zweiten Besuch eingeprägt hat. Das HUD ist ebenfalls einfach gehalten und verständlich. Unübersichtlich kann es allerdings werden, wenn man viele Missionsziele laufen hat und zahlreiche Markierungen am Bildschirm eingeblendet werden, kann man aber bei Bedarf ausknipsen in den Optionen. Gut ist das überall gespeichert werden kann und man genau dort weiterspielen darf. Keine Selbstverständlichkeit heutzutage. Kontrollpunkte gibt es natürlich auch. Schade fand ich das man sich die Filmsequenzen nach Abschluss des Spiels nicht erneut ansehen kann. Das Speichersystem enthält auch keine Kapitelauswahl, an denen man starten kann. Speicherslots gibt es bei der PS3-Version 20 Stück, durchaus ausreichend, doppelt so viele wären aber auch nicht verkehrt gewesen bei dem Umfang des Spiels.

Die Trophäen/Achievements/Erfolge sind durchaus fair und gut gestaltet, denn ich hasse nichts mehr auf dieser Welt als an Schwierigkeitsgrad gekoppelte Trophäen, die man nur schaffen kann, wenn man 8000 Versuche unternommen hat oder eine Reaktionszeit hat wie die herausschnellende Zunge eines Chamäleons.

Sound

Hier gibt’s nicht viel zu sagen außer, passt wie die Faust auf’s Auge. Die musikalische Untermalung unterstützt die Stimmung und den Stil des Spiels ungemein. Mir gefiel bereits der Sound aus dem E3 2010-Trailer sehr. Genau dieser elektronische und manchmal auch depressive Sound zieht sich durch das gesamte Spiel - Perfekt.

Kommen wir zum unangenehmen Teil der Vorstellung, die deutschsprachige Synchronisation der Charaktere. Die Synchro an und für sich ist eigentlich sehr gut gesprochen, die Figuren im Spiel bekommen dadurch Leben eingehaucht und sind passend zur jeweiligen Situation. Mir ist keine einziges Gespräch im Gedächtnis, wo die Stimme und Stimmlage unpassend gewesen wäre. Bei den Zivilisten hat man sich zwar etwas weniger Mühe gegeben, diese fallen aber nicht wirklich negativ ins Gewicht. Aber, und das trübt die Stimmung doch etwas, die tolle Synchro passt nur selten mit den Charakteren zusammen - Stichwort Lippensynchron. DX:HR ist ein Beispiel dafür, wie weit Lippenbewegungen & Gesprochenes auseinander liegen können. Mich hat dieses fehlende oder verhunzte Detail zwar überraschend wenig gestört, aber trotzdem ist es schade und für viele auch störend wenn Mund und Wort dermaßen weit auseinander liegen.

Auch die Fähigkeit "Multilingual" zu sein nimmt das Spiel nicht so ernst, die englische Original-Synchro war bei meiner Version leider nicht an Board - Schade.

Fazit

Seit dem E3 2010-Trailer hatte mich der DEUS EX: HUMAN REVOLUTION-Virus gepackt und abschließend muss ich gestehen, ich wurde nicht enttäuscht. Eidos Montreal hat mit diesem Titel ein wunderbares erstes Spiel auf den Markt geworfen, das bei weitem nicht perfekt ist, aber eben diese Mängel mit viel Tiefe, Umfang und Stil ausgleichen kann, denn das Gesamtpaket stimmt, nein es rockt sogar finde ich. Es macht einfach Spaß stundenlang an diesem Titel zu sitzen und alle Ecken zu durchsuchen oder diese und jene Taktik auszutesten und zu sehen, was dann passiert. Was mich überrascht hat ist die Tatsache, das mich das Spiel zum Nachdenken gebracht hat, denn damit hatte ich nicht gerechnet. Spätestens als man glaubt in den "Körperwelten" zu stehen, bekommt man als Zuschauer/Spieler ein unbehagliches Gefühl und man spielt das Kopfspielchen, "Was wäre wenn …?". Der zündende WOW-Effekt bei der Handlung bleibt zwar irgendwie aus, trotzdem ein wunderbares und tolles Spiel, das man gespielt haben sollte!

Wertung: 9/10